Liebe Leserin, lieber Leser,
Nicht jeder von euch, meine Brüder, soll Lehrer werden; da wir doch wissen, dass wir ein desto strengeres Urteil empfangen werden. (Jakobus 3,1).
Was für ein Bibelwort für uns: Ich denke darüber nach am letzten Tag des alten Schuljahres, Sie lesen diesen Text zu Beginn des neuen.
Ja, die Zeit fließt dahin und wir fragen uns, wo sie denn nur bleibt, unsere Zeit. Im Laufe des Jahres und von Jahr zu Jahr.
Wer von uns kann sich noch gut an die Schulzeit erinnern, und für wen ist dies eher eine im Nebel versunkene Erinnerung, ähnlich antiquiert anmutend wie das Foto, das vor mehr als hundert Jahren in Jacobsdorf aufgenommen wurde.
Wer Kinder oder Enkelkinder durch die Schulzeit begleitet weiß, dass sich Schule immer im Wandel befindet; ebenso wie das, was Lehrer ihren Schülern beibringen. Und vor allem, wie sie das tun. Darüber ließe sich lange reden und diskutieren. Unsere Bibelstelle aus dem Brief des Jakobus richtet sich an die Lehrenden in unseren Gemeinden. Das 3. Kapitel, aus dem die Textstelle stammt, hat die Überschrift:
„Die gefährliche Macht der Zunge“. Im Text heißt es weiter: „Und machen wir nicht alle immer wieder Fehler? Wem es freilich gelingt, nie ein verkehrtes Wort zu sagen, den kann man als vollkommen bezeichnen.“ Darum also geht es: um den sensiblen und
richtigen Ton zwischen uns Menschen. Das gilt sicher besonders für diejenigen unter uns, die andere unterrichten, unterweisen. Die sich also in einer Position befinden, in der ihr Wort, ihre Meinung, ihr Ratschlag besonderes Gewicht haben. Weil man das so von ihnen erwartet oder weil sie diese Position selbst für sich beanspruchen. Sie sollten sich ihrer Aufgabe und immensen Verantwortung bewusst sein.
So meint es unser Text, wenn er von der strengeren Beurteilung spricht. Und das gilt für Lehrende in der Gemeinde ebenso wie in der Gesellschaft. Gerade gegenüber Lernenden gilt dies besonders, so sagt uns der Text. Gegenüber Lernenden, die Meinungen entwickeln sollen; die in die Lage gebracht werden sollen, sich ein Urteil bilden zu können. Wie leicht beeinflussbar sind gerade sie? Das war schon immer so und gilt auch heute. Und die gefährliche Macht der Zunge kennen wir, so glaube ich, alle. Im Großen wie im Kleinen. Wir sollten aufmerksam und wachsam sein – was den eigenen und den Ton anderer betrifft. Sicher, wem gelingt es, „nie ein verkehrtes Wort zu sagen“? Aber wir sollten es zumindest versuchen.
Ihre Diakonin Kristin von Campenhausen