Pillgramer Kirchgeschichte II

Abriss der Geschichte der Pillgramer Kirche einschließlich ihrer Einbindung in die kirchengeschichtliche und örtliche Entwicklung bis in die Gegenwart

Teil II seit Beginn des 18. Jahrhunderts

 

  •   1702 Nach dem Volksmund soll dort das Dorf Eichendorf gestanden haben, urkundlich gibt es keine Belege, vermutlich geht nur ein Flurname auf die Familie von Eichendorf zurück, welche bis ins 16. Jh. in Pillgram lebte.

“1702 stößt diesseits an die Jacobsdorfschen und jenseits an die Pillgramschen Äcker das kahle Fließ, oberwärts dieses kahlen Fließes ist eine Wiese, so von den alten Inhabern des Dorfes Pilgram annoch die Eichendorfische Wiese genannt wird und stoßen daselbst die Grenzen der drei Dörfer Jacobsdorf, Sieversdorf und Pillgram auf einen Ort oder Ecke zusammen.”

  • 1703 Abschaffung des Exorzismus vor der Kindstaufe, den Pfarramtskandidaten wurde das Versprechen abgenommen, “auf Begehren der Eltern absque Exorcimo unweigerlich” zu taufen
  • 1704 Das Dorf hat sich erholt und allein der Schäfer hat 1000 Schafe und 60 Kühe, die Kirche hat 1 Hufe 4 Morgen 140 Ruten Land, der Pfarrer 4, die Ritterhufen sind auf 32 angewachsen. Der Hof des Pfarrers ist “ausgetan”.
  • 1713 – 1727 Pillgram ist zeitweise an Fürst Menschikow (1672 – 1729), St. Petersburg, verschenkt worden und musste dorthin seine Steuern entrichten.
  • 5.3.1715 Instruktion zur Kirchenvisitation, jeder Superintendent, Propst oder Inspekteur musste in seinem Amtssprengel eine Lokalvisitation auf Kosten der besuchten Gemeinde durchführen.
  • 1716 – 1746 Öffentlichen Kirchenbuße, bei Ehebruch, “Hurerey” und später weiteren Delikten, musste das Gemeindemitglied öffentlich Buße tun, ansonsten blieb es vom Abendmahl ausgeschlossen.
  • 28.9.1717 Einführung der Schulpflicht
  • um 1720 Derer von Burgsdorff sind Lehnsherren, ihr Herrensitz ist 1720 in Müllrose (heute Hotel “Zur Sonne”)
  • 1727 – 1731 Das Lehn hat das Amt Biegen inne.
  • 1729 Glocke, 0,70 m Durchmesser, Inschrift Vorwerck Pillgram 1729 “Soli deo Gloria” (Gott allein sei Ehre), von Johann Friedrich Thiele, Berlin
  • 1731 – 1739 Lehnsherr ist Graf Ernst Johann von Biron (1660 – 1772)
  • 1739 – 1740 Lehnsherr ist Graf Burkhard Christoph von Münnich (1693 – 1767)
  • 1740 – 1839 Das Lehn hat das Amt Biegen inne.
  • um 1745 Kompletter Umbau der Kirche unter Benutzung der Reste des Granitbaues, das Mauerwerk wurde verputzt, Fenster wurden verändert, innen an der Südwand wurde ein spitzbogiges Stufenportal vermauert, der zweigeschossige Glockenturm erhielt eine Verbretterung und eine Wetterfahne. Pillgram hat ein Vorwerk im Ort.

Wetterfahne Turm

  • 1749 Inzwischen hat sich ein Schmied niedergelassen.
  • 1756 – 1763 7 jähriger Krieg, die Menschen leiden unter den durchziehenden Truppen große Not

Bericht

  • 1763 “Allgemeines preußisches Schulreglement”, es regelte allgemeinverbindlich den Unterricht
  • 1774-1775 Bestrafung des Krügers Wendt in Pillgram mit 50 Reichstalern wegen des Holens einer halben Tonne Kaffee vom Amt Biegen während der Gerstensaatzeit.
  • 1781 Neu – Pillgram wird unter dem Amte Biegen auf königlichem Vorwerksland mit Büdnerfamilien gegründet.
  • 1787 Ein Oberschulkollegium wird eingereichtet, es ist mit dem Oberkonsistorium faktisch identisch, die Pfarrer sind auf dem Lande ohnehin in der Regel die einzigen, welche den nötigen Bildungsstand mitbringen, den Unterricht durchzuführen, die Küster unterrichten auch Lesen und Schreiben.
  • 18 Jh. Taufschale, Zinn
  • 1800 Pillgram gehört zum königlichen Domänenamt Biegen, welches die Familie Karbe angepachtet hat, zu deren Pachtzeit besitzt Pillgram eine Brauerei und Brennerei
  • 1801 Zu Pillgram gehört ein einzeln liegendes Vorwerk, die Pillgramer Kirche ist Tochterkirche der Kirche “St. Andreas Nikolai” zu Biegen.
  • 1805 Neu – Pillgram wird eingekircht
  • 1806 – 1812 der zuständige Superintendent für die Kirche ist in Frankfurt (O)
  • 1811 – 1918 Der König wird Kirchenpatron, an seine Stelle tritt später der Staat.
  • 1812 – 1946 der zuständige Superintendent für die Kirche ist in Frankfurt (O) I
  • 1816 Der Mühlenbesitzer hieß Wolff.
  • 1817 Friedrich Wilhelm III. führt zum 300. Jahrestag der Reformation die Kirchenunion zwischen Lutheraner und Reformierten ein
  • 1825 Die Verordnung des Königlichen Oberlandesgerichts zu Frankfurt verpflichtet die Pfarrer jährlich zur Übergabe der standesamtlichen Daten. In Pillgram siedeln 6 Kolonisten, es gibt einen Krug (im Giebellaubenhaus aus dem 16. Jh.).
  • 1830 – 1832 Pillgram und das Königliche Vorwerk Pillgram müssen den Separationsplänen des Jacobsdorfer Pfarrers zustimmen, da diese ebenfalls Hütungsrechte auf den Hauwiesen besaßen.
  • 1831 Ein Musikant wird erwähnt.
  • 3.7.1834 Eine neue Feuerlöschordnung tritt in Kraft, der Conducteur Lehmann aus Jacobsdorf ist Commissarius, der Gutsbesitzer Sembach aus Pillgram sein Stellvertreter.
  • 1839 – 1882 Lehnträger ist das Amt Frankfurt (O)
  • 1840 Es gibt ein privates Vorwerk, eine Kolonie und 47 Wohngebäude.
  • 1847 Abgrenzung der Verantwortung und Zuständigkeit von Konsistorien und Landesregierungen im Königreich Preußen 
  • bis 1849 Pillgram untersteht dem Justizamt Biegen
  • 1856 Seidenraupenzucht wird durch den Lehrer Höhne vorgenommen
  • 1860 es gibt die Kohlengruben “Mit Gott” und “Frohe Hoffnung”
  • 1864 Das Dorf ist durch die Eisenbahn (2 Bahnwärterhäuser) und die Kohlegrube (1 Grubenbeamtenhaus der Grube “Mit Gott”) deutlich gewachsen, auch eine Brennerei wurde eröffnet.

Grube mit Gott und Grubenbeamtenhaus 1937

  • 1.10.1874 Der Pfarrer übergibt die Personenstanderfassung an das nun zuständige Standesamt in Petersdorf.
  • um 1880 Auf der Westempore wird eine Sauer-Orgel mit einem Manual, einem Pedal und 8 Registern eingebaut.
  • 31.10.1884 Beschluss: Geistlichen, Schullehrern und Kirchendienern ist bei der Durchführung des Dreiklassenwahlrechts die Wahlberechtigung entzogen.
  • um 1900 die Pillgramer Kirche ist Tochterkirche der Kirche “St. Andreas Nikolai” zu Biegen

Kirche

  • 1907

  • 1909 Neu – Pillgram heißt nun Kolonie Pillgram und hat 7 Wohnhäuser

Kolonie Pillgram 1937

  • 1918 ein Denkmal für die Gefallenen aus Pillgram wird aufgestellt

  • 1920 Pillgram ist Rittergut (704 ha), der Gutsbesitzer ist Joachim Ernst Hugo Rudolf Schulz-Pillgram (18.5.1895 Rosengarten -14.11.1967 Hannover)

Gut Pillgram 1919

Rittergut Pillgram um 1935

Vorlaubenhaus vor 1938, vor der Instandsetzung

  • 1939 Ein Lager für jüdische Zwangsarbeiter wird eingerichtet: “Holzkommando Pillgram”, Hermann Stern aus Heilbronn war hier und in Jacobsdorf, ehe er 1943 nach Auschwitz deportiert wurde, zu den Nutznießern dieser Zwangsarbeit gehörte leider auch die evangelische Kirche, da die Zwangsarbeiter auch in Waldbeständen der Kirche arbeiten mussten.
  • 1945 Granattreffer zerstören den Turmkopf und die Orgel, nach dem Großangriff am 16. April fliehen viele Einwohner Richtung Westen, unter ihnen auch viele Güldendorfer, welche bereits am 6. Februar ihre Häuser verlassen mussten und nach Pillgram kamen. 
  • Juni 1945 der Pillgramer Wald brennt seit Wochen
  • Juli 1945 der Pillgramer Bahnhof wird zum Umschlagplatz für Fabrikeinrichtungen, die als Reparationsleistung  in die Sowjetunion gebracht werden, das Gut mit 2000 Morgen Land und 800 Morgen Wald wird unter die Leitung der sowjetischen Kommandantur gestellt
  • 1946 Reparatur des Glockenturms, der zuständige Superintendent für die Kirche ist in Frankfurt (O). 679 ha (darunter 1 ha Gewässer) wurden enteignet, 7 ha erhielten die 48 Umsiedler, welche dem Dorf nun reichlichen Zuwachs an Gemeindemitgliedern bescherten.
  • 1955 – 1960 Gemeinderaumanbau an der Nordseite, Erneuerung des Anbaus an der Westseite

Anbau Anbau

TurmInnenmodernisierung, die Kanzel aus dem Jahre 1745 wird gegen eine moderne ausgetauscht, die Ostfenster erhalten bunte Bibelmotive nach Entwürfen des Malers Gerhard Olbrich, hergestellt in der Glaswerkstatt Lehmann, Berlin. Der alte Eingang wird vermauert, der Kirchturm wird 1 m verkürzt, Wetterfahne und Urkundenknopf entfernt und ein Kreuz aufgesetzt. Der Turm wurde mit Ekotal verkleidet, ein plastbeschichtetes Eisenblech, eine neue Orgel wurde eingebaut, das Dach mit Zementdoppelrömern gedeckt.

  • 1960 – 1968 Gemeindefahrten der Gemeinden Biegen und Pillgram, ab 1964 zusammen mit der Gemeinde Rosengarten
  • 1978 die Pillgramer Kirche ist Tochterkirche der Kirche “St. Andreas Nikolai” zu Biegen
  • 1990 Das Ekotal wurde entfernt, die ursprüngliche Holzverkleidung wieder hergestellt, die Kirche wurde neu verputzt und weiß gestrichen.
  • 1994 Reparatur der Glockenaufhängung, das Läutwerk wurde elektrifiziert
  • 30.04.2011 Treffen der ehemaligen “Jungen Gemeinde”: Gäste: Melitta Stanowski (Grundler), Jürgen Grossin und Erhard Kühl aus Biegen; Dieter Göritz, Christine Hahn (Redlich), Margit Ziche (Weinberg), Christa Schenk (Schrape), Christa Moritz (Rothe) und Roswitha Noack (Gielisch) aus Pillgram. Ehrengäste: Gisela und Willi Molter, Willi Molter war mehr als 40 Jahre lang Mitglied des Gemeindekirchenrats. Pfarrer i.R. Helmut Sell und Frau, Helmut Sell war von 1969 bis 1975 Pfarrer für Biegen und Pillgram.

Foto: Gemeindebrief 16/2011

  • Juni 2014

Willi Molter war 45 Jahre aktiver Kirchenältester des Gemeindekirchenrats und Ehrenältester bis zu seinem Tod.

  • Juli 2014 Die Malerarbeiten in der Kirche konnten dank fleißiger Helfer schnell zum Abschluss gebracht werden.

Gemeindebrief 38/2014

  • 2.10.2021 Wir trauern mit der Familie Strugala und erinnern uns nur zugern an Reinhard Strugala, die Kirchgemeinde und auch die Gemeinde Pillgram erleidet einen großen Verlust. Wer mehr über seinen Werdegang in der Gemeinde erfahren möchte, findet hier einen Bericht der MOZ vom 4.3.2011.

Traueranzeige der MOZ vom 9.10.2021